Sensei Morihei Ueshiba
Morihei Ueshiba wurde am 14. Dezember 1883 in Tanabe, Japan geboren. Mit ungefähr sieben Jahren studierte er auf Geheiß seines Vaters konfuzianische Klassiker und buddhistische Schriften. Nach der Schule erlernte er während eines beruflichen Aufenthalts in Tokyo die Kampfkünste Tenjin-Shinyo-ryu, Kito-ryu-Ju-Jitsu und Yagyu-ryu.
Im Jahr 1903 trat Morihei Ueshiba als Freiwilliger der Armee in Osaka bei, nahm wenige Jahre später am russisch-japanischen Krieg teil und stieg zum Feldwebel auf. Während des Heimaturlaubs 1905 erlernte er Nakai Masakatsu Dojo den Goto-Stil des Yagyu-ryu Jujutsu. In diesem Stil erhielt Morihei Ueshiba 1908 die Lehrerlaubnis. 1912 nahm Morihei Ueshiba an einem Programm der Regierung Teil und siedelte mit weiteren Mitstreitern auf den nördlichen Teil der Insel Hokkaido um. Ueshiba setzte sich neben seiner Betätigung als Landwirt in den kommenden Jahren für die sozialen Lebensumstände wie verbesserte Wohnbedingungen und die Bildung einer Grundschule in der Siedlung ein. Während dieser Zeit lernte er Meister Sokaku Takeda kennen, bei dem er nach intensivem Training sein Daito-ryu Jujutsu-Diplom erlangte.
1921 begann Ueshiba seine Übungen mehr spirituell zu gestalten und entwickelte auf der Basis bewährter Prinzipien seinen eigenen Stil. Offiziell nannte er diesen Stil Aiki-Bujutsu und später Aiki-Budo. Das Do sollte auf in der Kampfkunst enthaltene philosophische Prinzipien hinweisen.
Nach seinem letzten Kriegseinsatz in der Mandschurei entwickelte sich Morihei Ueshiba zu einem sehr friedfertigen Menschen. Er wurde sich des Widerspruchs zwischen dem zerstörerischen Krieg und dem wahren Bodo, dem Weg der Liebe, bewusst. Er übergab sein Dojo in Tokyo seinem Sohn und baute eine alte Scheune auf dem Land in Iwama zum Dojo um. Ab diesem Zeitpunkt nannte Ueshiba seine Kampfkunst Aikido. 1948 erhielt er von der Besatzungsmacht Amerika und dem japanischen Erziehungsministerium die Erlaubnis eine Aiki-Stiftung zu gründen. Deren Ziel war die Verbreitung des Aikido, einem Weg des Budo, der der Förderung des internationalen Friedens und der Gerechtigkeit dient. Später nannte er die im Aikido enthaltene Harmonie und Liebe als ein Mittel, die Menschen der Welt zu vereinen. Aikido war die erste Kampfkunst, die nach dem 2. Weltkrieg in Japan wieder praktiziert werden durfte. In Tokyo wurde 1949 das Dojo wieder eröffnet und sein Sohn Kisshomaru Ueshiba gründete den Aikido-Verband Aikikai. Morihei Ueshiba blieb jedoch in der Abgeschiedenheit der Provinz Iwama.
In den 50er Jahren kamen wieder mehr Schüler ins Dojo, darunter auch viele in Japan lebende Ausländer. Auch im Westen wurde Aikido langsam bekannt. Ein Fernsehteam aus Amerika drehte 1959 einen Dokumentarfilm „Rendezvous with an Adventure“ über Morihei Ueshiba. Am 15. Januar 1969 gab Morihei Ueshiba seine letzte öffentliche Vorführung im Honbu-Dojo. O-Sensei starb am 26. April 1969 im Alter von 86 Jahren.
Meister André Nocquet
André Nocquet wurde 1914 in der Region Bordeaux, in Frankreich, geboren. Er begann in früher Jugend mit dem Training im Ringen und Jiu Jutsu und wurde als Sportlehrer und Krankengymnast ausgebildet. 1937 wurde er in Paris Judo-Schüler von Meister Mikinosuke Kawaishi und half nach dem 2. Weltkrieg beim Aufbau und der Verbreitung des Judo in Frankreich. Im Jahr 1951 lernte er durch Meister Minoru Mochizuki Aikido kennen. Ein Jahr später kam Meister Tadashi Abe als Repräsentant des Aikido Honbu Dojo nach Frankreich und Nocquet begann, bei ihm Aikido zu studieren.
Im Jahr 1955, Nocquet hatte inzwischen den 1. Dan Aikido und den 4. Dan Judo erworben, ging er auf Empfehlung von Meister Abe nach Japan, um dort Aikido zu studieren und sich in Shiatsu ausbilden zu lassen. Er war von seiner Begegnung mit O-Sensei Morihei Ueshiba tief beeindruckt und wurde von 1955 bis Ende 1957 dessen erster nicht-japanischer Hausschüler („uchideshi“). Nocquet lebte während dieser Zeit in Japan im Haushalt der Familie Ueshiba und nahm dort mit Anfang vierzig ein Ausbildungsprogramm auf sich, das schon zwanzig Jahre jüngere Leute an ihre Grenzen führte. Er half O-Sensei auch, Aikido in europäischen Kreisen in Japan bekannt zu machen.
Nach seiner Rückkehr nach Frankreich machte André Nocquet sich die Verbreitung des Aikido im Geiste Morihei Ueshibas zur Lebensaufgabe. Er war Gründer verschiedener französischer Aikido-Organisationen, Leitfigur und Patron von Aikido-Verbänden in ganz Europa. Als Autor zweier Bücher über Aikido betonte Nocquet sehr stark das spirituelle Potential dieser Kunst (Titel: O-Sensei Morihei Ueshiba – présence et message und Le coeur épée). Er trug maßgeblich dazu bei, dass in Frankreich heute mehr Menschen Aikido studieren als in Japan.
In seinem eigenen Ausdruck von Aikido legte Meister Nocquet großen Wert auf eine runde Ausführung von Techniken, harte Würfe und effektive Hebel. In der Aikido Grundausbildung bevorzugte er Körpertechniken und Messer gegenüber traditionellen Waffentechniken. Aikido blieb für ihn hauptsächlich eine kämpferische Disziplin, deren spirituelle Aspekte nur durch hartes, ständiges Training auf der Matte zu erschließen waren. André Nocquet starb am 12. März 1999.
Sensei John Emmerson
John Emmerson studiert seit über vierzig Jahren Kampfkünste. Er begann mit Judo, das er über zwanzig Jahre ausübte, und kam Ende der sechziger Jahre zum Aikido, das später zu seiner Hauptdisziplin wurde. Zunächst trainierte er bei verschiedenen englischen Lehrern, Katsuo Chiba Sensei und Masamichi Noro Sensei.
Anfang der siebziger Jahre wurde er enger, persönlicher Schüler von Meister André Nocquet und blieb das bis zu dessen Tod im Jahr 1999. Die Begegnung mit Meister Nocquet wurde für Sensei Emmerson zum prägenden Ereignis seiner Aikido-Biographie. Von ihm erhielt er alle weiteren Graduierungen, zuletzt 1988 den fünften Dan. Meister Nocquet hat Sensei Emmerson 1997 bei seinem letzten großen Lehrgang in Blois beauftragt, unter dem Leitmotiv „Dynamic Aikido Nocquet“ seine Tradition weiterzuführen.
Sensei Emmerson lebt heute in der Nähe von Newcastle, England, und ist Präsident und technischer Direktor der United Kingdom Aikido Union (UKAU). Außerhalb Englands unterrichtet er regelmäßig in Deutschland (Augsburg, Freiburg), Schottland (Glasgow, Dumfries), Belgien (Brüssel) und gelegentlich in Frankreich.